Mit Träumen ist es ja so eine Sache. Die Realität kann nur begrenzt mithalten. Ich, Finlay, erlege in meinen Träumen Vögel, an die ich im wahren Leben nicht herankomme. Den Menschen geht es nicht nur mit Traumpartnern ähnlich, sondern auch mit dem vermeintlichen Traumberuf. Deshalb rocke ich heute die Klassiker mit euch. Goethe ist nämlich immer noch aktuell, besonders seine Romane Die Wahlverwandtschaften und Wilhelm Meisters Lehrjahre.
Die Wahlverwandtschaften: Offene Ehe im frühen 19. Jahrhundert
Johann Wolfgang von Goethe stellt uns ein in zweiter Ehe verheiratetes Paar vor, das auf einem Landgut lebt. Eduard und Charlotte wirken auf den ersten Blick glücklich, dennoch wird ihre Beziehung im Verlaufe des Romans gnadenlos demontiert. Sie schätzen sich eher, als dass sie sich leidenschaftlich lieben.
So kommt es wie oft im Leben und erinnert ein bisschen an Die Brücken am Fluss: Beide Partner verlieben sich in jeweils eine andere Person. Charlotte nähert sich dem Hauptmann Otto, einem Freund ihres Mannes, an, während Eduard Ottilie, der jungen Nichte seiner Frau, verfällt. Das Wirrwarr an Gefühlen verkompliziert sich noch durch die Schwangerschaft Charlottes. Das Kind bindet die beiden Eheleute ungewollt weiter aneinander, kann jedoch den weiteren Verlauf der Ereignisse nicht aufhalten. Eduard und der Hauptmann ziehen in den Krieg, während die Frauen weiterhin auf dem Gut zusammenleben.
Aktueller denn je: Scheidung oder Neuanfang?
Im zweiten Teil nähert sich ein junger Architekt Ottilie an, die beide die Parklandschaft und die angrenzende Dorfkirche neu gestalten. Die Männer kehren aus dem Krieg zurück und Eduard möchte endgültig die Scheidung. Tatsächlich kommt es anders.
Die ganze Geschichte ist über 200 Jahre alt und aktueller denn je. Hat ein Paar sich ein gemeinsames Leben aufgebaut, aber entwickelt sich nicht zusammen weiter, kann es daran scheitern. Ist eine Scheidung die Lösung oder sollte man es doch noch einmal miteinander versuchen? Goethe zeigt mit den Positionen Eduards und Charlottes verschiedene Blickwinkel auf, die auch für heutige Leser noch spannend sind.
Wilhelm Meisters Lehrjahre: Die Illusion vom Traumberuf
Goethe hat mit Wilhelm Meisters Lehrjahre einen zeitlosen Roman geschaffen, der ähnlich wie Die Wahlverwandtschaften unbequeme Fragen zum vermeintlichen Traumberuf stellt. Der junge Wilhelm will am liebsten Schauspieler werden, aber sein gutbürgerlicher Vater sieht stattdessen die Nachfolge seiner Geschäfte für ihn vor. Wilhelm ist in eine Schauspielerin verliebt und fügt sich erst dann den Anweisungen seines Vaters, nachdem er einen anderen Mann bei seiner Geliebten gesehen hat. Im Auftrag seines Vaters reist er umher und trifft unterwegs wieder auf Schauspieler, die ihn dazu überreden, in deren Truppe zu investieren. Wilhelm schließt sich ihnen an und gemeinsam gehen sie ans Theater.
Ausgeträumt
Desillusioniert von den Machenschaften abseits der Bühne verlässt Wilhelm nach einer Weile die Truppe und reist weiter. Er übernimmt nicht nur für sich selbst Verantwortung, sondern auch für zwei elternlose Kinder. Über Umwege lernt er eine neue Frau kennen und muss um sein Glück kämpfen, denn immer neue Widerstände tun sich auf. Bis zum Ende hält es Goethe spannend und der Leser kann sich trotz altertümlich klingender Sprache dem Geschehen nicht entziehen.
Träume sind manchmal Schäume. Ich als Kater streife lieber durch den Garten, anstatt es mir nur in der Fantasie auszumalen. Obwohl es langsam herbstlich kühl wird und es Yoki inzwischen zu kalt ist. Ich würde sagen: Deutschland gegen Spanien 1:1.
PS: In Düsseldorf gibt es auch ein Goethe-Museum. Nine war noch nicht dort, möchte das jedoch natürlich noch nachholen.