Heute sprechen wir wieder ein ernstes Thema an: Genitalverstümmelung bei Frauen. Gegen diese Menschenrechtsverletzung kämpft seit Jahrzehnten Waris Dirie, unter anderem mit ihren Büchern.
Waris Dirie: Vom Model zur Bestsellerautorin
Waris Dirie war seit den 1980er Jahren als Topmodel auf den Laufstegen und auch in Filmen zu sehen. Die Geschichte über ihr Leben war jedoch kaum bekannt. Erst sehr spät sprach sie in einem Interview über ihre Kindheit, was dann den Stoff für ihr erstes Buch Wüstenblume (US-amerikanischer Originaltitel Desert Flower) und danach die Verfilmung lieferte. Ihr Vorname Waris bedeutet „Wüstenblume“.
In Wüstenblume schildert sie, wie sie als Tochter von Nomaden in der Wüste Somalias aufwächst. Mit vielen Geschwistern und Nutztieren, um die sich die Kinder von klein auf kümmern. Ihr Leben richtet sich nach den äußeren Einflüssen wie dem Wetter, dem Nahrungsangebot und nach ihrem Vater, denn er ist das Oberhaupt der Familie. Ihre Mutter hat wie viele Frauen keine Rechte, bestimmt aber über den Zeitpunkt, an dem ihre Töchter beschnitten werden sollen. Waris trifft es als kleines Mädchen, eine ihrer älteren Schwestern stirbt an den Folgen.
Als Waris verheiratet werden soll, flieht sie – ganz allein durch die Wüste. Zunächst bleibt sie in Somalia und lernt das Stadtleben kennen, doch Mogadischu ist kein Vergleich zu London, wohin es sie dann als Teenager verschlägt …
Nomadentochter
Im zweiten Buch Nomadentochter (US-amerikanischer Originaltitel Desert Dawn) erzählt Waris Dirie von ihrem Leben in New York City – als Mutter und Partnerin. Sie hat jedoch Heimweh nach ihrer Familie, besonders nach ihrer Mutter. Also plant sie zusammen mit einem ihrer Brüder, der inzwischen in den Niederlanden lebt, eine gefährliche Reise in das bürgerkriegsgebeutelte Somalia.
Oft wiederholt sich Waris Dirie für diejenigen, die Wüstenblume nicht gelesen oder die Details schon wieder vergessen haben. Sie vergleicht die unterschiedlichen Kulturen und ihre Lebensumstände mit denen ihrer Angehörigen im Grenzgebiet zu Somalia. Am Ende fehlt mir der kritische Blick auf die Zustände, weil hauptsächlich das Wiedersehen nach langer Zeit im Mittelpunkt steht.
Schmerzenskinder
Wer bei der Schilderung der weiblichen Genitalverstümmelung schon hart im Nehmen sein musste, den erwarten im dritten Buch Schmerzenskinder noch schlimmere Schicksale: Frauen, die verschleppt und als Sexsklavinnen verkauft wurden, Mädchen, die Schmerzen und keinerlei Lustgefühle haben können, dazu kommt die fehlende Strafverfolgung europaweit.
Es wiederholt sich sehr viel und als Leserin wurde ich das Gefühl nicht los, dass dieses Buch in erster Linie die Desert Flower Foundation unterstützen soll. Denn ja, es gibt noch viel zu tun, um das Leid vieler Mädchen und Frauen zu lindern und vor allem zu verhindern.
Da ich mir kein Urteil erlauben kann, erinnern mich die Schicksale in erster Linie an die immer noch existierende Abhängigkeit – vom Ehemann, von der Familie und vom Staat. Sie betrifft auch deutsche Frauen, deshalb ist mir unter anderem das Thema der finanziellen Unabhängigkeit so wichtig. Am Ende müssen Frauen Stärke zeigen, manchmal so unglaublich große wie Waris Dirie und die Millionen Frauen und Mädchen, die von FGM (Female Genital Mutilation) betroffen sind.