Braucht es heutzutage ein Museum über Frauen? Zurück aus dem Urlaub sage ich nach dem Besuch des Frauenmuseums in Meran klar: Ja!
Frauengeschichte ist auch Menschheitsgeschichte
Biologisch ist allen klar, dass für den Fortbestand unserer Spezies beide Geschlechter nötig sind. Allerdings tauchen Frauen in der Geschichte der Menschheit im Vergleich selten auf, was an der fehlenden Emanzipation lag. Warum also ein Museum über das weibliche Geschlecht?
Dem Frauenmuseum Meran geht es um die Sichtbarkeit der Frau in der Geschichte bis in die Gegenwart. Dabei setzt das Museum erst relativ spät ein, nämlich mit der Französischen Revolution. Während der politischen und gesellschaftlichen Umwälzungen ergänzt die Revolutionärin Olympe de Gouges die Erklärung der Menschenrechte um „Die Rechte der Frau und Bürgerin“. Das Frauenmuseum stellt Olympe de Gouges mit Biografie vor und zeigt mit einer Guillotine, welches Schicksal ihr widerfuhr wegen ihrer „Anmaßung“.
Im Frauenmuseum Meran machen Kleider Geschichte
Die weitere Entwicklung der Frauenrechte erzählt das Museum anhand von Alltagsgegenständen und Bekleidung. Vom Korsett über den Minirock bis zum Wonderbra sind so viele Epochen der Frauengeschichte anders erlebbar: Die Frau befreit sich immer mehr und ist doch bis heute immer noch in ihren eigenen Ansprüchen und denen der Gesellschaft gefangen. So thematisiert das Frauenmuseum Meran neben dem Schönheitswahn die Rolle der Frau angesichts Care-Arbeit, der „Gläsernen Decke“ und „Macho Mums“ – letztere perfekt dargestellt anhand einer Alleskönnerin, die gleichzeitig mit Kind, Laptop, Smartphone, Tennisschläger und vielem mehr jongliert.
Im beruflichen Umfeld kann von flächendeckender Gleichberechtigung keine Rede sein. Frauen verdienen in den meisten Bereichen nach wie vor deutlich weniger als Männer und gelten als nicht so durchsetzungsfähig. Bis sich das wirklich ändert, muss noch viel mehr passieren. Und das betrifft uns alle. Schon jetzt sind Frauen von Altersarmut betroffen und sollten ihre Finanzen selbst in die Hand nehmen.
Mit Frauenmuseen in die Zukunft
Mich hat die Ausstellung im Frauenmuseum Meran sehr nachdenklich gestimmt. Im Alltag habe ich oft das Gefühl, in einer gleichberechtigten Gesellschaft zu leben. Doch bereits bei der Kinderfrage komme ich ins Stolpern. Da ich noch zu DDR-Zeiten geboren wurde, bin ich mit dem Rollenbild der arbeitenden Mutter und sogar Großmutter aufgewachsen. Teilzeit war ein Fremdwort. Was zunächst nach erstrebenswerter Gleichberechtigung klingt, hatte jedoch seine Schattenseiten: Mein Vater hat viel Erziehungsarbeit meiner Mutter überlassen. Hier ändert sich in den jetzigen Elterngenerationen mehr in Richtung Erziehung durch beide. Mein Vater musste mit mir zum Arzt gehen, wenn meine Mutter arbeiten war, also wer sagt, dass sich nur Mütter großartig um ihre Kinder kümmern können?
Starke Frauen gab es zu allen Zeiten und wird es weiterhin geben, aber warum können wir nicht alle gleichberechtigt und ohne Vorurteile leben? Wer meint, es bräuchte Frauenmuseen nicht, sollte sich einmal fragen, wann das Wahlrecht für Frauen eingeführt wurde. Na, wer weiß es? Der Zeitstrahl im Frauenmuseum Meran verdeutlicht, dass viele Gesetze noch nicht lange in Kraft sind. Bis 1977 konnte ein Mann seiner Ehefrau verbieten, zu arbeiten, und über ihre Einnahmen verfügen. Dahin wollen und werden wir nicht mehr zurückkehren. Aus diesem Grund lohnt sich ein Besuch in einem der Frauenmuseen weltweit.
Zum Schluss ein Zitat von Birgit Meyer aus der Ausstellung, das die Entwicklung für mich zusammenfasst: „Frauen haben unglaublich viel erreicht, aber verändert hat sich seit Generationen fast nichts.“ Es stammt aus dem Jahr 1991.