Angesichts der aktuellen Ereignisse habe ich mich entschieden, meine Themenwahl entsprechend anzupassen. Ich stelle euch heute ein Buch vor, das ich nicht in der Schule gelesen und dessen Verfilmung ich ebenfalls noch nicht gesehen habe: Die Welle von Morton Rhue.
Die Welle: Gräueltaten der Vergangenheit?
An der Gordon High School läuft es wie an vielen Schulen: Grüppchen gegen Außenseiter, Disziplinlosigkeit bei der Schülerzeitung und im Footballteam. Im Geschichtsunterricht ist gerade der Zweite Weltkrieg Thema und der Lehrer Ben Ross lässt seine Klasse einen Film über die Gräueltaten der Nazis in den Konzentrationslagern schauen. Die meisten sind schockiert, besonders Laurie Saunders, die Redaktionsleiterin der Schülerzeitung. Andere, darunter ihr Freund David, sind der Meinung: Vergangenes ist vergangen, das kann nie wieder passieren. Doch ist dem wirklich so?
Ben Ross kommt angesichts der Frage, wie die Bevölkerung in Nazi-Deutschland das alles nicht mitbekommen haben soll, auf die Idee, ein Experiment mit der Klasse durchzuführen. Er bringt ihnen Disziplin in Form eines Spiels näher, das aber schnell in Ernst umschlägt. Die beeinflussbaren Jugendlichen sind begeistert und so stellt der Lehrer nacheinander die Grundsätze einer neuen Bewegung vor: Macht durch Disziplin! Macht durch Gemeinschaft! Macht durch Handeln!
Ein Experiment mit Folgen
Schnell gerät das Experiment außer Kontrolle: Die Bewegung bekommt von Ross den Namen „Die Welle“, ein Symbol, eine Armbewegung als Gruß und die genannten Grundsätze. Sie breitet sich schnell an der ganzen Schule aus. Die LehrerInnen, Eltern und einige MitschülerInnen sind zwiegespalten. Auf der einen Seite sind die SchülerInnen plötzlich diszipliniert und fleißig, andererseits hinterfragen sie nicht mehr. Und wie gefährlich das werden kann, zeigt sich schnell in Übergriffen, auch auf einen Jungen jüdischer Herkunft.
Laurie, die von ihren Eltern zur Selbstständigkeit erzogen wird, sieht diese Entwicklung mit Schrecken. Ihr Freund David, ein Idealist und Footballspieler, sieht allerdings nur die Vorteile. Er meint, mithilfe der Werte der „Welle“ das Gemeinschaftsgefühl des Footballteams verbessern zu können. Mitschüler, die vorher Außenseiter waren, fühlen sich im neuen Gemeinschaftsgedanken plötzlich nicht mehr ausgeschlossen. Uniformität lässt sich jedoch nicht erzwingen und Widerstand regt sich.
Macht ist allgegenwärtig
Das Buch Die Welle (englischer Originaltitel: The Wave) erschien 1981 und in deutscher Übersetzung von Hans-Georg Noack 1984. Es beruht auf einem Experiment, das der Lehrer Ron Jones in den 1960er Jahren mit SchülerInnen im US-amerikanischen Palo Alto durchführte. Die TeilnehmerInnen kommen auf der Website zu der damals „The Third Wave“ (Die dritte Welle) genannten Bewegung zu Wort. Sie warnen eindrücklich: „Be careful who you follow“ (Sei vorsichtig, wem du folgst).
Dass das Thema immer noch aktuell ist, war vielen schon vor dem russischen Angriff auf die Ukraine klar. Weltweit herrschen einige Autokraten, die ihr Regime gegen jeden Widerstand durchsetzen. Obwohl in Ländern wie Myanmar oder Afghanistan bzw. Regionen wie Hongkong die Menschen eindrücklich um Hilfe bitten, schaut die Welt zu und mischt sich nicht ein. Die Vereinten Nationen sollen „den Frieden durch internationale Zusammenarbeit und kollektive Sicherheit erhalten“, doch was ist das angesichts des Angriffs auf ein freies und demokratisches Land wie die Ukraine noch wert? Im Moment demonstriert Putin seine Macht, während die Ohnmacht der westlichen Welt zutage tritt. In Russland gibt es so gut wie keine freie Presse mehr, die Opposition wird systematisch verboten und Demonstrationen werden mit Gewalt niedergeschlagen.
Machtlosigkeit des Volkes?
Die Welle verdeutlicht, dass es schwierig, aber nicht unmöglich ist, gegen eine scheinbare Übermacht anzukommen. Mutige JournalistInnen und OppositionspolitikerInnen wehren sich gegen antidemokratische Regimes, wie in Belarus und Hongkong. Ganz in unserer Nähe gibt es Tendenzen, vor denen wir nicht die Augen verschließen sollten – weder in unserem eigenen Land noch bei EU-Mitgliedern wie Polen und Ungarn. Wir sind im Falle des Falles auch betroffen, denn diese Geschehnisse sind weder zeitlich noch örtlich weit entfernt. Wir können spenden, z. B. für UkrainerInnen, die mit ihren Haustieren geflüchtet und auf Hilfe angewiesen sind. Im Notfall würde ich mir Yoki und Finlay schnappen und fliehen, deshalb fühle ich mit allen Betroffenen.
Krieg ist nie eine Lösung und weil ich die Botschaft des Buches Die Welle so wichtig finde, bin ich froh, es im Bücherschrank hier in Düsseldorf-Wersten gefunden zu haben. Ich werde es weiterwandern lassen, damit möglichst viele es lesen und verstehen, dass Frieden und Freiheit kostbare Güter sind, die es zu verteidigen gilt.
Liebe Janine, vielen Dank für die starke und heute mehr denn je nötige Botschaft in deinem Beitrag!
Die Verfilmung von „Die Welle“ ist übrigens auch zu empfehlen.
Liebe Saskia, vielen Dank für deine Worte. Die Verfilmung steht auf meiner Liste.